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Neutrale Schlichtung?

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Die Süddeutsche Zeitung berichtet, daß Prof. Dr. Rürup der Zweitgutachter der Dissertation von Dr. Franz gewesen sei. Er soll im Tarifkonflikt zwischen den Flugbegleitern und Lufthansa vermitteln. Die Meldung verführt auf den ersten Blick dazu, ihm die geforderte Unparteilichkeit abzusprechen.

Ein guter Doktorvater ist tatsächlich eine Art “wissenschaftlicher Vater”, der seine ehemaligen Doktoranden in deren weiterer Karriere beratend unterstützt und ein wichtiger Diskussionspartner ist. Doch Professor Rürup ist nicht der Doktorvater, also Erstgutachter, sondern Zweitgutachter der Dissertation von Dr. Franz.

Und davon gibt es grob drei Typen: Eine Gruppe liest gerade mal das Erstgutachten, blättert etwas lustlos durch das eigentliche Opus und fertigt darauf basierend das Zweitgutachten. Die zweite kennt zwar den Absolventen kaum, liest und denkt sich aber gründlich in die Arbeit ein, so daß ein eigenständiges Zweitgutachten entsteht. Der dritte Typus involviert sich aktiv in die Betreuung, diskutiert ebenfalls mit den Studenten relevante Forschungsfragen und ist nicht nur ein Zweitgutachter, sondern auch ein zweiter Betreuer.

Natürlich sind die Grenzen nicht so scharf gezogen, die Übergangsbereiche sind breit – und hängen zum Teil auch vom Studenten mit ab. Wendet der sich im Vorfeld selbst an seinen Zweitgutachter, kann das durchaus eine Mutation von einem “Typ 2″-Gutachter zu einem Zweitbetreuer bewirken.

Auch die auf den ersten Blick “faul” wirkenden Typ-1-Zweitgutachter sind das nicht immer – manche sind einfach so dermaßen überlastet, daß sie keine Chance hätten, die Menge an Arbeiten zu bewältigen. So sind wohl manche Professoren, auch durch ihre Bekanntheit oder spezielle Fachkunde, mit mehreren hundert Arbeiten pro Jahr belastet.

Während ich von meinen Erst- und Zweitgutachtern aus meiner eigenen Studienzeit und Promotion sagen kann, daß sie sehr engagiert waren und mein Doktorvater zu den sehr guten gehört, lässt sich aus der Aussage, daß Professor Rürup der Zweitgutachter von Dr. Franz war, schwer eine Aussage über die wirkliche gegenseitige Bekanntschaft und das Ausmaß der gegenseitigen Förderung folgern. Insbesondere ist auch nicht klar, wie sich der Kontakt über die Jahre zwischen der Dissertation, die 1991 erschien, bis heute entwickelt hat.

Prof. Rürup argumentiert in der SZ selbst, da seine Verbindung zu Dr. Franz bekannt sei, müsse er besonders auf Neutralität achten.

Insofern ist schwer zu sagen, ob es Prof. Rürup als Schlichter an der nötigen Neutralität mangelt: Sollte er stark in die Betreuung involviert gewesen sein, ist er vielleicht sogar eine Art zweiter Doktorvater geworden, der in “väterliche Weise” Dr. Franz immer noch “die Ohren langziehen” kann. Das könnte auch positiv sein.

Ein Geschmäckle hat der Schlichter damit schon, aber auch eines, das ihn besonders kritischer Beobachtung unterwirft und das möglicher Weise sogar positiv im Verfahren sein könnte.



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